Ernüchterung

Spielbericht: Gladbach – Dortmund am 13.10.2001 (Ergebnis 1:2)

 Samstag, 13. Oktober 2001. Erstes Spiel nach der richtungsweisenden Zusammenkunft der Münsteraner Mönche am vorangegangenen (offiziell Bundesliga-spielfreien) Wochenende mit der enttäuschenden Länderspiel-Nullnummer gegen Finnland und das erste der Wiederaufstiegssaison 01/02 überhaupt für den Verfasser dieses Berichts. Seit dem unglücklichen 0:1 des VfL in Bremen und dem erwähnten Nationalmannschaftsdebakel war die Wartezeit von Optimismus bestimmt. Alles konnte eigentlich nur besser werden, und dem gelb-schwarzen Rivalen aus dem Ruhrgebiet galt es zu beweisen: Es gibt nur eine Borussia! Um der zuletzt auffallend ruhigen Nordkurve wieder mehr Leben einzuhauchen, hatte die „Mönchs-Bande“ aus Block 16 eigens eine „Choreo“(-graphie) ersonnen – Vorfreude also allerorten.

Auch etwa zehn Aasee-Mönche trafen sich bereits um halb elf am Hbf Münster, um ausnahmsweise einmal per Bahn gen Mönchengladbach aufzubrechen. Die mehr als zweistündige Fahrt wurde mit Schund-Literatur über Schweine-Züchter Pletsch, anspruchsvoller Fohlen-Echo-Lektüre, einigen Snacks und jeder Menge gut gekühltem Gerstensaft äußerst kurzweilig gestaltet. In MG schnell das Gepäck verstaut, und ab ging’s auf den Bökelberg. Dort war die Stimmung zumindest vor dem Anpfiff prächtig. Bunte Pappen und jede Menge Schals zum Playback-Auftritt der Fanprojekt-Combo B.O. sorgten für einen stimmungsvollen Auftakt eines sonnigen Fußballnachmittags, den Marcelo Pletsch bereits nach zwei Spielminuten beinahe perfekt gestaltet hätte – sein strammer Schuss ging jedoch knapp an Lehmanns Kasten vor der Südtribüne vorbei.

Das war’s dann allerdings auch mit der schwarz-grün-weißen Herrlichkeit. Weitere 20 Minuten verstrichen, und die Partie war zugunsten der Gäste entschieden. In der 13. Minute überraschte ein steiler Pass des Schnitzels Rosicky die Gladbacher Abwehrkette. Der kurz zuvor von Hausweiler mit einer deftigen Beule versehene Ricken schaltete schneller als sein Gegenspieler Witeczek und startete in Richtung Tor. Zwar orientierte sich auch Witte zum Ball, stoppte dann aber ab, scheinbar um Stiel die Verantwortung zu überlassen. Aus der erhofften Rettung in letzter Sekunde wurde aber nichts, und so schob Ricken relativ mühelos zum 0:1 ein.

Ganz ähnlich verlief die Situation beim nächsten Gegentreffer zehn Minuten später. Wieder sah Witeczek nicht gut aus, als er Dortmunds Neueinkauf Ewerthon entwischen ließ, sodass dieser ziemlich allein auf weiter Flur Amorosos Pass entgegennehmen und das 0:2 markieren konnte. Unklar bleibt, ob Witte Ewerthon einfach nicht bemerkte oder sich wiederum auf Stiel verließ und damit abermals verlassen war, denn dieser blieb in seinem Kasten und war so machtlos gegen den heranstürmenden Jungbrasilianer, der sich im übrigen mit seinem anschließenden provokativen Gepose vor der Nordkurve wenig Freunde in Gladbach gemacht haben dürfte.

Lediglich diese zwei nennenswerten Aktionen der Dortmunder Millionarios reichten aus, um den Grundstein für die Entführung dreier Punkte zu legen. Der fragwürdige Platzverweis Rosickys in der 37. Minute eröffnete den Gastgebern zwar jede menge Raum, den diese jedoch bis zum Schlusspfiff nicht recht zu nutzen wussten. Dabei boten sich den Gladbacher Borussen noch vor der Halbzeit zwei Großchancen zum Anschlusstreffer. Dortmunds Ersatzkeeper Laux, der zuvor für den angeschlagenen Lehmann gekommen war, parierte zunächst einen Kopfball von Mittelstürmer MARTJIN MJENNTSCHELL glänzend. Anschließend kullerte ihm ein Pfostenabpraller des Polen mehr als glücklich in die Arme.

In der zweiten Halbzeit blieben die Gastgeber dann gegen zehn Dortmunder beinahe erschreckend harm- und daher chancenlos. Der Aufsteiger ließ das nötige Selbstvertrauen vermissen und fand gegen die souverän passiven Gäste kein Mittel. Bestes Beispiel für die spürbare Verunsicherung Gladbachs war Max Eberl auf rechts außen, der ein ums andere Mal abstoppte, statt den Platz vor ihm zu nutzen und zu einem Flankenlauf anzusetzen. So blieben die einzelnen Angriffsbemühungen Stückwerk und das Spiel insgesamt sehr durchschaubar.

Ein zweifelhafter Elfmeter des unglaublich schlechten Kölner Schiedsrichters Aust musste herhalten, um den letzten Funken Hoffnung auf vielleicht wenigstens noch einen erkämpften Punkt zu bewahren. Doch wer nach dem Anschlusstreffer durch Igor Demo mit einem letzten Aufbäumen von Fans und Mannschaft rechnete, wurde enttäuscht. Die Nordkurve blieb weitgehend verhalten (das ausgegebene Motto „Kampf der Stille“ schien mehr und mehr einem ausgeprägten „Kampf dem Lärm“ zu weichen), ebenso wie die Spieler auf dem grünen Rasen. Mit der Zeit kamen sogar die Dortmunder wieder zu guten Chancen. In der allerletzten Minute hätte Mieciel einmal mehr zum Ausgleichs-Helden werden können, doch Laux wehrte auch seinen strammen Schuss aus der Drehung sicher ab, sodass es schließlich bei einer verdienten 1:2-Niederlage der Gastgeber blieb, an der auch Schiri Aust jedoch nicht ganz unschuldig war.

Trainer Hans Meyer sollte später in der PK verkünden, „so was wie heute mit den vier Brasilianern auf links und rechts in der Offensive“ habe er „noch nicht erlebt“. Dennoch dürfte auch für ihn festgestanden haben, dass dieser Punktverlust nicht hätte sein müssen. Die verunsicherten Fohlen brauchen dringend ein Erfolgserlebnis, um zu alter Stärke zurückzufinden. Bleibt zumindest ein Dreier aus den nächsten Partien in Nürnberg und zuhause gegen Freiburg aus, wird sich die Truppe wohl oder übel zunächst mit einem Platz in den untersten Gefilden der Tabelle anfreunden müssen. Punktet man dagegen deutlich, sollte auch eine Position im gesicherten Mittelfeld im Bereich des machbaren liegen.

Die Aasee-Mönche jedenfalls stärkten sich noch ausgiebig auf jugoslawisch, bis es in gedämpfter Stimmung an die Heimreise nach Münster ging, die weitaus weniger kurzweilig erschien als die Hinfahrt. Lediglich ein paar Wortgefechte mit Dortmunder Wegbegleitern sorgten für Aufregung und Unterhaltung gleichermaßen. Nach einem umstiegsbedingten zwanzigminütigen Aufenthalt in Wanne-Eickel verstreute sich die Gruppe schließlich gegen 10 Uhr am Abend in alle Münsteraner Winde.

 

Ernüchtert, aber ganz stark auf 3 Punkte in Nürnberg hoffend, Aasee-Mönch Tim Hesse.

 

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